Mitarbeiter-Apps und Betriebsrat: Erfolgreiche digitale Transformation durch Mitbestimmung

Mitarbeiter-Apps und Betriebsrat: Erfolgreiche digitale Transformation durch Mitbestimmung

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Die Arbeits­welt befin­det sich in einem tief­grei­fen­den Wan­del, getrie­ben durch die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on. Unter­neh­men suchen fort­lau­fend nach Wegen, Pro­zes­se zu opti­mie­ren und die inter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on zu ver­bes­sern. Eine Schlüs­sel­tech­no­lo­gie, die hier an Bedeu­tung gewinnt, sind Mit­ar­bei­ter-Apps. Doch ihre Ein­füh­rung ist kein rein tech­ni­sches Pro­jekt. Sie erfor­dert die enge Zusam­men­ar­beit mit dem Betriebs­rat, der als Hüter der Arbeit­neh­mer­inter­es­sen eine ent­schei­den­de Rol­le spielt. Die früh­zei­ti­ge Ein­bin­dung des Betriebs­rats ist dabei nicht nur eine recht­li­che Not­wen­dig­keit, son­dern ein fun­da­men­ta­ler Erfolgs­fak­tor für die Akzep­tanz und den nach­hal­ti­gen Mehr­wert einer sol­chen Anwen­dung.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Mitarbeiter-Apps

Die Ein­füh­rung einer Mit­ar­bei­ter-App fällt unwei­ger­lich in den Bereich der Mit­be­stim­mungs­rech­te des Betriebs­rats. Das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) bil­det den recht­li­chen Rah­men für die­se Rech­te, ins­be­son­de­re in § 87 Abs. 1 BetrVG. Die­ser Para­graph regelt zwei zen­tra­le Aspek­te, die bei digi­ta­len Anwen­dun­gen wie Mit­ar­bei­ter-Apps von beson­de­rer Rele­vanz sind:

Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer

Eine Mit­ar­bei­ter-App kann das Ver­hal­ten der Beschäf­tig­ten im Betrieb beein­flus­sen, ins­be­son­de­re wenn Kom­mu­ni­ka­ti­ons­re­geln, Nut­zungs­richt­li­ni­en oder die Mög­lich­keit zur Zeit­er­fas­sung defi­niert wer­den. Sobald eine App Funk­tio­nen umfasst, die die betrieb­li­che Ord­nung oder das Arbeits­ver­hal­ten berüh­ren, wer­den die Mit­be­stim­mungs­rech­te des Betriebs­rats aus­ge­löst. Bei­spie­le hier­für sind Rege­lun­gen zur Kom­mu­ni­ka­ti­on, zum Aus­tausch von Infor­ma­tio­nen oder zur Nut­zung der App wäh­rend und außer­halb der Arbeits­zeit.

Technische Einrichtungen zur Überwachung von Leistung und Verhalten

Der wohl wich­tigs­te Aspekt ist § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die­ser besagt, dass der Betriebs­rat bei der „Ein­füh­rung und Anwen­dung von tech­ni­schen Ein­rich­tun­gen, die dazu bestimmt sind, das Ver­hal­ten oder die Leis­tung der Arbeit­neh­mer zu über­wa­chen“, mit­zu­be­stim­men hat. Auch wenn eine Mit­ar­bei­ter-App pri­mär der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Infor­ma­ti­on die­nen soll, kön­nen Funk­tio­nen wie Nut­zer­pro­fi­le, Anwe­sen­heits­da­ten, Chat-Ver­läu­fe, Stand­ort­da­ten (GPS-Track­ing) oder Zeit­er­fas­sungs­funk­tio­nen das Ver­hal­ten oder die Leis­tung der Mit­ar­bei­ter indi­rekt oder direkt über­wa­chen. Das bedeu­tet, selbst wenn eine Über­wa­chung nicht die pri­mä­re Absicht ist, aber die tech­ni­sche Mög­lich­keit dazu besteht, greift das Mit­be­stim­mungs­recht. Die Recht­spre­chung, etwa das Arbeits­ge­richt Heil­bronn, hat jedoch auch klar­ge­stellt, dass eine App mit rei­ner Kun­den­feed­back-Funk­ti­on, die dem Arbeit­ge­ber Daten ohne des­sen akti­ves Zutun zuwach­sen lässt, nicht zwangs­läu­fig ein Mit­be­stim­mungs­recht aus­löst, sofern kei­ne im Kern selbst­stän­di­ge Daten­er­he­bung zur Über­wa­chung erfolgt. Den­noch ist die Sen­si­bi­li­tät des Betriebs­rats bezüg­lich poten­zi­el­ler Über­wa­chung sehr hoch.

Bedenken des Betriebsrats und der Belegschaft ernst nehmen

Die häu­figs­ten Beden­ken des Betriebs­rats bei der Ein­füh­rung einer Mit­ar­bei­ter-App dre­hen sich um den Daten­schutz, poten­zi­el­le Über­wa­chungs­mög­lich­kei­ten und die Frei­wil­lig­keit der App-Nut­zung, ins­be­son­de­re bei Bring-Your-Own-Device (BYOD)-Modellen. Es ist ent­schei­dend, die­se Beden­ken ernst zu neh­men und pro­ak­tiv anzu­ge­hen. Eine Mit­ar­bei­ter-App soll­te nicht dazu die­nen, Mit­ar­bei­ter zu kon­trol­lie­ren, son­dern die Kom­mu­ni­ka­ti­on zu erleich­tern.

Datenschutz und Persönlichkeitsrechte

Der Schutz der per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten und der Per­sön­lich­keits­rech­te der Arbeit­neh­mer steht im Fokus des Betriebs­rats. Eine daten­schutz­kon­for­me Umset­zung, die den Vor­ga­ben der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO) und des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes (BDSG) ent­spricht, ist unab­ding­bar. Dies umfasst das Gebot der Daten­spar­sam­keit, die aus­schließ­li­che Aus­wer­tung agg­re­gier­ter und anony­mi­sier­ter Daten sowie die Sicher­stel­lung von Lösch­mög­lich­kei­ten und Bear­bei­tungs­rech­ten für Inhal­te der Mit­ar­bei­ter. Rol­len- und Berech­ti­gungs­kon­zep­te sind hier­bei essen­zi­ell, um eine unzu­läs­si­ge Über­wa­chung zu ver­hin­dern.

Freiwilligkeit der Nutzung

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Punkt ist die Frei­wil­lig­keit der App-Nut­zung. Wäh­rend die Nut­zung auf fir­men­ei­ge­nen Gerä­ten ver­pflich­tend sein kann, ist eine Ver­pflich­tung zur Instal­la­ti­on auf pri­va­ten Smart­phones unzu­läs­sig. Es müs­sen stets Alter­na­ti­ven zur App-Nut­zung gebo­ten wer­den, um die recht­li­chen und ethi­schen Stan­dards zu erfül­len.

Vorteile einer Mitarbeiter-App für alle Beteiligten

Wenn die Ein­füh­rung einer Mit­ar­bei­ter-App kor­rekt und in enger Abstim­mung mit dem Betriebs­rat erfolgt, erge­ben sich erheb­li­che Vor­tei­le für das Unter­neh­men, die Mit­ar­bei­ter und den Betriebs­rat selbst:

Für das Unternehmen und die Kommunikation

Eine Mit­ar­bei­ter-App schließt die kom­mu­ni­ka­ti­ve Kluft im Unter­neh­men und erreicht alle Mit­ar­bei­ter, auch die­je­ni­gen ohne fes­ten PC-Arbeits­platz wie Non-Desk-Worker in Pro­duk­ti­on oder Logis­tik. Dies ermög­licht eine schnel­le­re und ziel­grup­pen­ge­rech­te Infor­ma­ti­ons­ver­tei­lung, ver­bes­sert die inter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und för­dert das Wir-Gefühl. Umfra­gen zei­gen, dass in Unter­neh­men mit Mit­ar­bei­ter-Apps ein deut­lich höhe­rer Anteil der Mit­ar­bei­ter das Gefühl hat, alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen zu erhal­ten.

Für die Mitarbeiter

Die Mit­ar­bei­ter pro­fi­tie­ren von einer ver­bes­ser­ten Trans­pa­renz und Teil­ha­be. Sie erhal­ten bes­se­ren Zugriff auf aktu­el­le Infor­ma­tio­nen, Wei­ter­bil­dungs- und Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten sowie Ser­vices wie Zeit­kon­to oder Urlaubs­pla­nung. Zudem kön­nen sie Feed­back geben, an Umfra­gen teil­neh­men und von Mit­ar­bei­ter-Rabatt­pro­gram­men oder digi­ta­len Schwar­zen Bret­tern pro­fi­tie­ren. Dies stärkt die Work-Life-Balan­ce und die digi­ta­le Teil­ha­be.

Für den Betriebsrat

Auch der Betriebs­rat selbst kann die Mit­ar­bei­ter-App nut­zen, um moder­ner, sicht­ba­rer und effi­zi­en­ter zu agie­ren. Er kann die App als Kanal für eige­ne Nach­rich­ten, Pro­to­kol­le von Betriebs­ver­samm­lun­gen und zur Bereit­stel­lung von Infor­ma­tio­nen für alle Mit­ar­bei­ter nut­zen, was sei­ne Prä­senz und Trans­pa­renz erhöht. Die inter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on des Betriebs­rats kann durch die App ver­ein­facht wer­den, bei­spiels­wei­se für Sit­zungs­ein­be­ru­fun­gen. Die Digi­ta­li­sie­rung der Betriebs­rats­ar­beit kann zudem die Zusam­men­ar­beit mit dem Arbeit­ge­ber beschleu­ni­gen und ver­ein­fa­chen, da Pro­zes­se auf einer zen­tra­len Platt­form gebün­delt wer­den kön­nen.

Vertrauensvolle Zusammenarbeit und Implementierung

Die ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit zwi­schen Arbeit­ge­ber und Betriebs­rat ist der Schlüs­sel zum Erfolg bei der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on und der Ein­füh­rung von Mit­ar­bei­ter-Apps. Der Betriebs­rat soll­te von Anfang an als Part­ner und nicht als Hin­der­nis betrach­tet wer­den.

Frühzeitige Einbindung und Transparenz

Eine früh­zei­ti­ge Betriebs­rats­ein­bin­dung durch trans­pa­ren­te Kom­mu­ni­ka­ti­on über Zie­le und Funk­tio­nen der App schafft Ver­trau­en und erleich­tert Ver­hand­lun­gen über eine Betriebs­ver­ein­ba­rung. Unter­neh­men soll­ten dem Betriebs­rat detail­lier­te Infor­ma­tio­nen über die beab­sich­tig­te App, ihre Funk­tio­nen und die damit ver­bun­de­nen Daten­flüs­se zur Ver­fü­gung stel­len.

Betriebsvereinbarung als Fundament

Eine sorg­fäl­tig aus­ge­ar­bei­te­te Betriebs­ver­ein­ba­rung ist uner­läss­lich. Sie schafft kla­re Rege­lun­gen zu Daten­schutz, Frei­wil­lig­keit der Nut­zung, Zugriffs­rech­ten, Umgang mit Nut­zer­da­ten, Push-Nach­rich­ten und der Abgren­zung zwi­schen Arbeits- und Frei­zeit­nut­zung. Die Betriebs­ver­ein­ba­rung soll­te auch fest­le­gen, wel­che Inhal­te in der App ver­öf­fent­licht wer­den dür­fen und ob pri­va­te Daten für pri­va­te Zwe­cke geteilt wer­den dür­fen. Idea­ler­wei­se wird ein fes­ter Ansprech­part­ner im Betriebs­rat für digi­ta­le The­men benannt und der Betriebs­rat kon­ti­nu­ier­lich geschult, um auf dem neu­es­ten Stand der Tech­no­lo­gie und Recht­spre­chung zu blei­ben.

Nutzerorientierte Entwicklung und Mehrwert

Der Fokus muss auf dem prak­ti­schen Nut­zen für die Mit­ar­bei­ter lie­gen. Eine App, die ech­ten Mehr­wert für den Arbeits­all­tag schafft, wird von den Mit­ar­bei­tern eher ange­nom­men. Dies kann durch Funk­tio­nen erreicht wer­den, die den Arbeits­all­tag erleich­tern, wie bei­spiels­wei­se digi­ta­le Dienst­plä­ne, Arbeits­zeit­er­fas­sung, Urlaubs­an­trä­ge, inter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bo­te.

Fazit

Die Ein­füh­rung einer Mit­ar­bei­ter-App ist ein Para­de­bei­spiel für die Her­aus­for­de­run­gen und Chan­cen der digi­ta­len Trans­for­ma­ti­on in Unter­neh­men. Sie erfor­dert nicht nur eine tech­ni­sche Imple­men­tie­rung, son­dern vor allem einen sen­si­blen Umgang mit den Mit­be­stim­mungs­rech­ten des Betriebs­rats und den Bedürf­nis­sen der Mit­ar­bei­ter. Indem Unter­neh­men den Betriebs­rat früh­zei­tig und trans­pa­rent ein­be­zie­hen, des­sen Beden­ken ernst neh­men und gemein­sam eine umfas­sen­de Betriebs­ver­ein­ba­rung erar­bei­ten, kann die Ein­füh­rung einer Mit­ar­bei­ter-App zu einem vol­len Erfolg wer­den. Dies stärkt nicht nur die inter­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und Effi­zi­enz, son­dern för­dert auch eine ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit zwi­schen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung. Eine sol­che Koope­ra­ti­on ist ent­schei­dend, um die Poten­zia­le der Digi­ta­li­sie­rung zum Woh­le aller Betei­lig­ten voll aus­zu­schöp­fen und die Akzep­tanz neu­er digi­ta­ler Tools in der Beleg­schaft nach­hal­tig zu sichern. Pro­jek­te mit akti­ver Betei­li­gung des Betriebs­rats erzie­len nach­weis­lich höhe­re Erfolgs­ra­ten, redu­zie­ren Pro­ble­me und beschleu­ni­gen die Akzep­tanz der Beleg­schaft.


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